Foyerarbeit an den Mittelschulen des Kantons Zürich


Ein ökumenisches Konzept


1. Ausgangslage


1.1 Das Fach RKE und die Foyerarbeit


Mit dem Bildungsratsbeschluss vom 23. August 2004 wurde an den Zürcher Sekundarschulen das Fach «Religion und Kultur» eingeführt. Mit dem Lehrplan 21 kam der Fachbereich Ethik dazu und das Fach wurde zu «Religionen, Kulturen, Ethik» erweitert. Um den Anschluss an die Volksschule optimal gewährleisten zu können, wurden auch die Stundentafeln der Untergymnasien überarbeitet und auf den Lehrplan 21 abgestimmt. Im Zuge dessen wurde der Unterricht auf der gymnasialen Unterstufe auf das Schuljahr 2023/24 um das Fach «Religionen, Kulturen, Ethik» erweitert. Während der (freiwillige) Unterricht in den Religionsgemeinschaften primär der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen in einer bestimmten religiösen Tradition oder Konfession («teaching in religion») dient, arbeitet der bekenntnisunabhängige RKE-Unterricht an den Mittelschulen an Kompetenzen der Orientierung und Partizipation in einer kulturell und weltanschaulich pluralistischen Gesellschaft. Er informiert über verschiedene religiöse Traditionen («teaching about religion») und fördert im Rahmen interkulturellen (Begegnungs-)Lernens den Respekt und den Dialog zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren sowie einen angemessenen Umgang mit verschiedenen Weltanschauungen und den daraus potentiell resultierenden Wertkonflikten. Diese Ziele bzw. diesen Auftrag verfolgt(e) – ergänzend zum Unterricht – auch die ökumenische Mittelschularbeit (neu: Foyerarbeit), welche sich an verschiedenen Mittelschulen etabliert hat. Die Foyer-Räumlichkeiten, aber auch sozialanimatorische Angebote, Weekends und Reisen gehören zu einem etablierten und bei Schülerinnen und Schüler sehr beliebten Teil ihres schulischen Curriculums.


1.2 Auftrag


Ausgehend von einem ganzheitlichen und umfassenden Verständnis von langjähriger Begleitung während der Kantonsschulzeit ist die Foyerarbeit als ein Dienst zu verstehen, der allen offen steht, die im sozialen Gefüge der Schule tätig sind: Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schule und Eltern. 

Die Foyerarbeit versteht sich somit als Dienst in der Schule und für die Schule. Es geht darum, sich unter den Bedingungen einer pluralen Gesellschaft konstruktiv zugunsten der modernen Mittelschule zu engagieren. 

Verstanden als sozialdiakonischer Dienst der Kirchen zielt die Foyerarbeit auf Subjektwerdung, auf Mündigkeit, auf Gemeinschaftsfähigkeit und auf Solidarität hin. D.h. sie möchte die Jugendlichen in unterschiedlichen Lebenssituationen begleiten und gleichzeitig sie befähigen. In Ergänzung zum bekenntnisunabhängigen und an religionswissenschaftlichen Fragen ausgerichteten Unterricht in «Religionen, Kulturen, Ethik» gilt es im Umfeld der Mittelschulen für Schülerinnen und Schülern Begegnungen und einen Dialog mit kulturellen, religiösen, philosophischen und ethischen Fragen zu schaffen und darüber mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen.

Ausgehend von den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler hat die Foyerarbeit die Aufgabe, den Prozess der Entfaltung der Persönlichkeit junger Menschen in Gemeinschaft, in Dialog und zu (religiöser) Toleranz zu fördern. Die Mitarbeitenden der Foyerarbeit begleiten die Jugendlichen auf ihrem je eigenen persönlichen Weg.

Das folgende Konzept fasst zusammen, was viele Lehrpersonen des Fachs «Religionen, Kulturen, Ethik» bzw. Foyerleitende an den Mittelschulen schon seit langem praktizieren. Es werden der schulische RKE-Unterricht (siehe Anhang) und die Tätigkeit im Rahmen der Foyerarbeit beschrieben und konzeptionell einander zugeordnet. Ausserdem werden nötige Massnahmen zur Umsetzung dieses Konzeptes benannt. 


2. Leitlinien / Grundsätze


2.1 Ökumenische Trägerschaft


Die Landeskirchen tragen die Foyerarbeit gemeinsam. Sie fördern die ökumenische Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Mittelschularbeit und schaffen eine kooperative Organisationsstruktur. Sie treten gegenüber den Schulen und der Öffentlichkeit als Foyerarbeit mit einer Dienststellenleitung gemeinsam auf. Personalfragen werden in gegenseitiger Absprache bzw. in der Steuergruppe (bestehend aus Vertreterinnen und Vertreter bzw. Fachpersonen der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich bzw. der Römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich) behandelt.

Die Foyerarbeit orientiert sich am Leitbild «Foyerarbeit» und die Angestellten der Foyerarbeit verpflichten sich, den «Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht» einzuhalten.

Andere Fachstellen der beiden Kirchen und interreligiöse Arbeitsgemeinschaften werden nach Möglichkeit in die Foyerarbeit miteinbezogen.

 

2.2 Präsenz an der Schule


Die Kirchen befürworten für die Foyerarbeit die Anstellung von RKE-Lehrpersonen, die an einer Kantonsschule arbeiten. Diese RKE-Lehrpersonen leisten zusätzlich zum RKE-Unterricht eine schulische und weiterführende ausserschulische Foyerarbeit. Es ist anzustreben, dass weibliche und männliche RKE-Lehrkräfte angemessen vertreten sind. 

Die Foyerarbeit ist in der Struktur der Schule verankert. Die RKE-Lehrpersonen sind aktive Mitglieder des Kollegiums der Lehrerinnen und Lehrer. Die Vernetzung innerhalb der Schule wird verstärkt durch die Präsenz im Schulalltag, durch ein doppeltes Berufsprofil als Mittelschullehrperson bzw. Foyerleitungs- und Begleitperson.


3. Foyerarbeit


3.1 Allgemeine Ziele


Die Kantonsschulen nehmen als Schulgemeinschaften einen sozialen und kulturellen Auftrag wahr; sie sind ein Ort, an dem junge Menschen in den entscheidenden Jahren ihres Heranwachsens gefördert werden und ihre Entwicklung zu gefestigten, verantwortungsbewussten Persönlichkeiten unterstützt wird. Der Sinn für die Gemeinschaft soll dabei auf verschiedenen Ebenen gestärkt werden: vom Erlebnis im Klassenverband über die sozialen Erfahrungen in der Schulgemeinschaft bis hin zur Verantwortung gegenüber Mitmenschen und Umwelt.

Aufgabe der Foyerarbeit ist es, sich in Kooperation und Zusammenarbeit mit der Schule zu engagieren, diese in ihrem anspruchsvollen Auftrag zu unterstützen und so auch selbst mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, um sie in der Lebensbewältigung und in der Suche nach einer zukunftsorientierten Lebensperspektive hilfreich zu begleiten. Dazu beitragen sollen verschiedene Angebote (siehe unten), welche an den verschiedenen Kantonsschulen sehr unterschiedlich aussehen können, aber immer etwas zur Gemeinschaftsbildung und damit auch einen Teil zur jeweiligen Schulkultur beitragen.

Jugendliche lernen mit dem Aneignen von Sozialräumen, sich in der Gesellschaft zu bewegen. Sie orientieren sich «räumlich» und erweitern ihren Handlungsspielraum, indem sie möglichst viele Räume «in Besitz nehmen» und für ihre Bedürfnisse umgestalten. Je mehr Räume sie sich aneignen können, desto mehr Handlungsspielraum und damit Erfahrungs- und Lernraum steht ihnen zur Verfügung.

Verbunden mit neuen Erfahrungsräumen ergeben sich für Jugendliche zunehmend interkulturelle Überschneidungssituationen. Jugendliche kommen in der pluralen Gesellschaft mit anderen, ihnen fremden Religionen und Kulturen in Berührung. Damit verbunden sind ethische und weltanschauliche Aushandlungsprozesse und entsprechende interkulturelle und interreligiöse Herausforderungen.

In Ergänzung zum schulischen Unterricht in RKE fördert die Foyerarbeit zusätzliche Kompetenzen im Hinblick auf die plurale Gesellschaft. Deshalb sind Veranstaltungen ein wichtiger Bestandteil der Foyerarbeit. Sie bieten Gelegenheit und Raum, Jugendliche in Identitätsfindung und Lebensbewältigung zu unterstützen, Selbstverantwortung und Mitbestimmung einzuüben und Gemeinschaftsfähigkeit zu praktizieren.


3.2 Zielgruppen


Im Umfeld der Kantonsschulen stehen die RKE-Lehrerinnen und RKE-Lehrer verschiedenen Zielgruppen gegenüber. Ihre Aufmerksamkeit gilt primär den Schülerinnen und Schülern. Ihnen begegnen sie im Unterricht als Fachlehrpersonen «Religionen, Kulturen, Ethik» (oder zusätzlich für ein anderes Fach oder ein Freifach) und über den Unterricht hinaus als Bezugspersonen. In dieser Aufgabe behandeln sie sensible Informationen in Absprache mit den Jugendlichen vertraulich. 

Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hausdienstes und Elternvereinigungen können die Foyerangebote ebenfalls in Anspruch nehmen. Insbesondere stehen ihnen die Räumlichkeiten zur Verfügung. 


4. Handlungsmodell – beziehungsorientierte Kommunikation und Begleitung


4.1 Soziales Lernen


«Leistungsfähig ist Schule als öffentliche Institution dann, wenn junge Menschen unterschiedlichster religiöser, kultureller, weltanschaulicher und sozialer Herkunft in einen Prozess der Verständigung über Sachverhalte eingeführt und in diesen eingeübt werden und dieser Prozess sich als ein die Lebensphasen überdauernder Habitus konsolidiert. Es muss also Sozialisationsarbeit geleistet werden. Dafür aber muss Schule als ein sozialer Erfahrungsraum gestaltet werden, der sich nicht im Unterrichten erschöpft.» (Aus: H.J.Forneck, F.Schriever. Die individualisierte Profession – Einsichten aus einer Studie über Lehrerarbeitszeiten. In: NZZ vom 19. Juni 2001, S. 75.)


Voraussetzung für soziales Lernen, für das Lernen überhaupt sowie für die Entstehung und Entwicklung von Beziehungen ist das In-Kontakt-Treten und das Im-Kontakt-Sein. Als Lehr- und Bezugsperson in Kontakt treten, bedeutet mehr als nur Wissens- und Informationsvermittlung. Die Erwartungen an Mitarbeitende in der Foyerarbeit umfassen entsprechend einerseits religionspädagogisch-didaktische Kompetenz in der Unterrichtsarbeit sowie in einem weiten Sinn auch begleitend-animatorische Arbeit ausserhalb der Lektionen. Für gelingende Foyerarbeit sind beide Ansprüche einander zugeordnet und kommen in der Praxis gleichwertig zum Tragen. 


4.2 Das modulare Drei-Säulen-Modell


Ergänzend zum RKE-Unterricht besteht die Foyerarbeit aus einem modularen Drei-Säulen-Modell. Dieses gliedert sich wie folgt:


  1. Moderation der Foyerräumlichkeiten
  2. Beratung und Begleitung
  3. Veranstaltungen


Das Modell ist modular, da die einzelnen Säulen je nach Mittelschule verschieden zum Tragen kommen. Denkbar sind zum Beispiel Standorte ohne Räume, wobei temporär schulische oder andere lokale Räume bespielt werden können. Weiter besteht die Möglichkeit je nach Qualifikation der Foyerleitenden die Beratung und Begleitung verschieden auszugestalten oder wegzulassen. Des Weiteren können Veranstaltungen in unterschiedlicher Kadenz und Ausgestaltung passend zum jeweiligen Schulstandort durchgeführt werden.

Sowohl die Aktivitäten als auch die Foyerräume verstehen sich als inklusives Angebot. So bietet das Foyer Raum und Struktur, lebt aber vom Engagement und der Kreativität aller, die diese Räume füllen: von den Schülerinnen und Schülern, der Foyerleitung, aber auch von sämtlichen Lehrpersonen und allen Mitarbeitern der Kantonsschulen.


4.2.1 Moderation der Foyerräumlichkeiten

Die Foyerleitenden moderieren Foyerräumlichkeiten und stellen deren Betrieb sicher. Die Moderation beinhaltet Tätigkeiten, welche einen qualitativ hochwertigen Betrieb ermöglichen. Dies sind z.B. die Themensetzung, die Werbung, die zielgruppengerechte Kommunikation, Vermietung, Organisation von Veranstaltungen, Inszenierung der Räume, temporäre Aktionen und die Koordination mit Drittpartnern.

Mit Vorteil werden an den Schulen oder in deren Nähe Foyerräumlichkeiten oder Treffpunkte bereitgestellt, die zwei Funktionen erfüllen können: einerseits als offener Jugendtreff für Schülerinnen und Schüler, andererseits als Ort kontinuierlicher Projekt- und Gruppenveranstaltungen. Foyerräumlichkeiten, welche direkt in den Schulen angesiedelt werden, schaffen zahlreiche Synergien und sind längerfristig anzustreben, wobei bestehende, funktionierende Konzepte und Räumlichkeiten weiterhin beibehalten werden können. Foyerräume ergänzen das kulturelle Angebot der Schule und sind ein Ort des sozialen Lernens. Als möglicher weiterer Ort sind sie voraussetzungsfrei und niederschwellig zu organisieren. Die folgenden Leitsätze skizzieren die lokale Umsetzung der Foyerräumlichkeiten:


  • Der Charakter der Foyerräumlichkeiten orientiert sich an den örtlichen Rahmenbedingungen, an der Grösse und Infrastruktur der entsprechenden Räumlichkeiten, am Konzept des Foyers und an der zeitlichen Kapazität der Leitenden. 
  • Der offene Jugendtreff bietet ein niederschwelliges Angebot und richtet sich von den Öffnungszeiten her nach den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler. Die Jugendlichen nützen die Räumlichkeiten in einem hohen Mass selbstbestimmend und als Refugium. 
  • Die Foyerräume sind ein Ort der kontinuierlichen Projekt- und Gruppenarbeit. Die Räumlichkeiten sollen mit Veranstaltungen der Foyerarbeit oder Drittpartnerinnen und Drittpartner ergänzt werden.
  • Die Räumlichkeiten können unter Umständen auch an Gruppen von Schülerinnen und Schüler oder Klassen mit Lehrerinnen und Lehrer sowie an Drittpartner weitervermietet werden. 
  • Die Partizipation der Jugendlichen wird erhöht, wenn sie in einer Art Betriebsgruppe mitarbeiten können oder anderweitig daran beteiligt werden.


4.2.2 Beratung und Begleitung

Die zweite Säule der Foyerarbeit bilden Beratung und Begleitung der Schulangehörigen. Die Foyerleitenden sind für alle Schulangehörigen von den ersten Klassen bis zur Schulleitung, für das Kollegium und die Mitarbeitenden einer Schule da. Sie beraten stufengerecht und helfen den Schülern und Schülerinnen durch eine niederschwellige und vertrauliche Triage, so dass sie rasch die notwendige Hilfeleistung bei Drittpartnern oder schulintern erhalten. 

Die Foyerarbeit kann dies auf vielgestaltige Art und Weise umsetzen:


  • Sie bildet einen Beitrag zur Mitgestaltung einer wertschätzenden Schulkultur.
  • Sie hilft Jugendlichen, in einer pluralen Gesellschaft ihre eigene Identität zu entwickeln.
  • Sie stellt Ansprech- und Bezugspersonen an der Schule bereit.
  • Sie ist mit Jugendlichen im Gespräch über religiöse und spirituelle Fragen, Sinnfragen, Lebensgestaltung und Mitgestaltung einer solidarischen Welt.
  • Sie ist für Jugendliche in Krisensituationen da und hilft diesen, eigene Lösungsmöglichkeiten zu finden.
  • Sie unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei, ihre Fähigkeiten zu entdecken und zu entfalten.
  • Sie fördert die soziale Kompetenz der Jugendlichen.
  • Sie plant und unterstützt Anlässe, in denen soziales Verhalten und wechselseitige Verantwortung eingeübt werden können.
  • Sie leistet Vernetzungsarbeit (auf der Ebene von Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrern, Schülerorganisationen, Schülerberatung, Schulpsychologischem Dienst, Elternvereinigung, Berufsberatung, Lehrpersonen Prävention und Gesundheitsförderung, Schulsozialarbeit, kirchliche Stellen).
  • Sie organisiert thematische Gesprächsgruppen und fördert den Austausch zwischen den Jugendlichen mit gleichen Interessen.


4.2.3 Veranstaltungen

Die Foyerleitenden können an den jeweiligen Foyerstandorten, digital und regional verschiedenste Veranstaltungen durchführen. Im Folgenden eine Auswahl von bisherigen best practices, welche in den Foyerräumen oder auch ausserhalb durchgeführt wurden: 


  • Foyer als offener Jugendtreff mit festen Öffnungszeiten untertags;
  • regelmässige begleitete Mittagstische;
  • Projekte und Veranstaltungen mit Gruppen (wie Projekttage, Exkursionen, Gesprächsabende, Filmzyklen, Wochenenden, Studienreisen);
  • Projekte mit dem Ziel eines interkulturellen und interreligiösen Austauschs (bspw. in Zusammenarbeit mit Dialoge en Route);
  • Jahrgangsgruppen in den oberen Klassen;
  • Kurse, Spielabende, Ausstellungen, Konzerte;
  • gemeinsames Kochen und Essen mit Gruppen;
  • Einzelgespräche mit Jugendlichen;
  • Vorbereitungs- und Studierraum; 
  • Versammlungsraum für Schülerinnen-/Schülergruppen;
  • gesellige oder projektbezogene Veranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer mit Klassen;
  • Online-Challenges und saisonale Aktivitäten


5. Berufsprofil


5.1 Erwartungen


Die RKE-Lehrpersonen an den Mittelschulen haben ein Lehrdiplom für Maturitätsschulen erworben. Die schulische und ausserschulische Begleitung ist vordringlich beziehungs- und gemeinschaftsstiftend. Foyerleitende arbeiten gerne mit Jugendlichen zusammen und stehen ihnen in herausfordernden Situationen mit Rat und Tat beiseite, sind initiativ und kommunikativ und übernehmen gerne Verantwortung. 


5.2 Rollen und Kompetenzen


Die von Foyerleitenden erwartete empathische Kompetenz artikuliert sich in verschiedenen Rollen: Als Berater / Beraterin, Animator / Animatorin, Initiator / Initiatorin, Koordinator / Koordinatorin, Fürsprecher / Fürsprecherin, Konfliktmanager / Konfliktmanagerin usw. Diese vielen verschiedenen Rollen setzen voraus, dass sich die Mitarbeitenden durch Aus- und regelmässige Weiterbildung entsprechend befähigen. Die Kirchen organisieren oder vermitteln entsprechende Weiterbildungsangebote. Dabei kann es sich um interne und externe Weiterbildungsveranstaltungen und -treffen handeln (obligatorische Teilnahme an wiederkehrender gemeinsamer Intervision und Coachings).

Welche Rollen und Kompetenzen seitens der Mitarbeitenden in den Schulen bzw. in der Foyerarbeit wahrzunehmen sind, ist gemeinsam mit den entsprechenden Vorgesetzten zu vereinbaren. Eine gute Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeit und den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen ist das Ziel. Es ist nicht vorgesehen, dass Foyerleitende in diesen Bereichen oder therapeutisch tätig werden, ausser eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bringt eine entsprechende Qualifikation mit und die Schule erteilt dazu einen Auftrag.


5.3 Qualitätssicherung


Die Erteilung des RKE-Unterrichts untersteht der Aufsicht der Schulkommission und der Schulleitung. In den Fachschaften leisten die Lehrkräfte fachlichen Austausch und Koordination. 

Die Kirchen nehmen Qualitätssicherung wahr, indem sie die Foyerarbeit ebenfalls durch Aufsichtsgremien und durch eine Dienststellenleiterin bzw. einen Dienststellenleiter beaufsichtigen (insbesondere durch Mitarbeitenden-Gespräche). Die Qualitätssicherung wird unterstützt durch Evaluation in den Teams an den Schulen und in einem Austausch zwischen den einzelnen Foyers. 


5.4 Zusammenarbeit


Die Schule leistet mit dem RKE-Unterricht Bildungsarbeit, die auch Kirchen und Religionsgemeinschaften zugutekommt; die Kirchen leisten Foyerarbeit, die insbesondere den Schulen zugutekommt: Mit diesem Grundgedanken wird die Aufgabenteilung zwischen Kirchen und Staat unterstrichen. Folglich wird der RKE-Unterricht durch den Staat finanziert, die Finanzierung der Foyerarbeit leisten die Kirchen. 

Die Arbeit der RKE-Lehrerinnen und -lehrer im schulischen und im ausserschulischen Bereich gehört sachlich zusammen. Die Arbeit wird von den Schulen und von den Kirchen finanziert. Deshalb erfolgen die Anstellungen als RKE-Lehrerinnen und -lehrer und als Foyerleitende in Kooperation zwischen den Schulleitungen und der Dienststellenleitung für die Foyerarbeit. Die Mitarbeitenden erhalten je eine Anstellungsverfügung von der Schule für den Unterricht und für die Foyerarbeit von der Kirche.

Ergänzend zum vorgelegten Konzept sind die kirchlichen Verantwortlichen für die Foyerarbeit in Zusammenarbeit mit den Kirchenleitungen, mit den Rektoraten, der Schulleiterkonferenz und der Bildungsdirektion gehalten, Fragen um Finanzierung, Aus- und Weiterbildung, Zusatzqualifikationen, Anstellung und Kooperation zu klären und umzusetzen. 


6. Weiterentwicklung


6.1 Innovation und Exnovation


Die Foyerarbeit entwickelt sich entlang der sich verändernden Bedürfnisse der Schulangehörigen stetig weiter. In diesem Wandel sollen Veranstaltungen, Umsetzungskonzepte sowie möglicherweise Standorte wiederkehrend auf ihre Wirkung zu Gunsten der Zielgruppen evaluiert und gegebenenfalls adaptiert werden. 

Projektbasiert können Innovationen gefördert und implementiert werden. Durch gezielte Exnovationen wird es ermöglicht, nicht wirksame Mittel zu Gunsten von Innovationen sowie dem Ausbau des Bestehenden freizusetzen. 


6.2 Regionalisierung und Digitalisierung


Gegenwärtig orientiert sich die Foyerarbeit stark an den jeweiligen Schulstandorten. Da sich das Leben der Schulangehörigen vom Lokalen vermehrt ins Regionale und Digitale verlagert, sind künftige Angebote der Foyerarbeit denkbar, welche diesen beiden Tendenzen Rechnung tragen. 



Anhang


Geschichtlicher Hintergrund des Religionsunterrichts bzw. der Foyerarbeit an den Kantonsschulen


Die Gymnasien des Kantons Zürich entstanden zwischen 1830-1840 als so genannte Kantonsschulen in Zürich und Winterthur im Zusammenhang mit der Entwicklung der modernen Volksschule. Das Fach Religion wurde damals von ordinierten reformierten Geistlichen, vorzugsweise liberaler Richtung, erteilt. 

Seit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung der römisch-katholischen Körperschaft im Kanton Zürich im Jahr 1963 unterrichteten Lehrkräfte beider Kirchen bis 1995 in konfessionell getrennten Klassen das Fach Religion an den Kantonsschulen – allerdings unterschiedlich eingebunden in die Schulen. Erst im Schuljahr 1995/96 führte der Erziehungsrat des Kantons Zürich ein neues Konzept für den Religionsunterricht an den Mittelschulen ein, welches die Verantwortung für den Religionsunterricht durch die Schule festhielt, die evangelisch-reformierten und die katholischen Lehrkräfte gleichstellte und den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht ermöglichte. Religion wurde gemäss kantonalen Rahmenkonzept und Rahmenlehrplan an allen Langzeitgymnasien als Freifach unterrichtet (1.–3. Klasse).

Bereits 1974 wurden für die katholische Mittelschulseelsorge kantonale Strukturen geschaffen und 1980 dazu ein Leitbild entwickelt. Dieses zielte darauf ab, zusätzlich zum Religionsunterricht die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Formen ausserschulischer Seelsorgearbeit zu begleiten (vorzugsweise im Zentralfoyer Kreuzbühl Zürich und in den Regionalfoyers Wetzikon und Wiedikon). 1989 stieg die evangelisch-reformierte Landeskirche in die Foyerarbeit ein, indem sie die Arbeit des reformierten und des katholischen Religionslehrers in Wetzikon unterstützte. 1992 wurde das reformierte Mittelschulpfarramt Freudenberg/Enge eingerichtet, anfangs 2000 wurde das Projekt des reformierten Pfarramtes an den Kantonsschulen Winterthur lanciert. Im Herbst 2000 eröffneten beide Kirchen gemeinsam das ökumenische Mittelschulfoyer Urdorf/Limmattal. In den Folgejahren wurde an weiteren Standorten Foyers (Winterthur, Kantonsschulen Zürich Nord und Rämibühl) bzw. eine ökumenischen Mittelschularbeit (KZU in Bülach) eröffnet. 

Die 2020 eröffnete Kantonsschule Zimmerberg führte als erste das obligatorische Fach «Religionen, Kulturen, Ethik» ein. Gleichzeitig wurde vor Ort – ebenso wie an der 2018 eröffneten Kantonsschule Uetikon am See – ein weiteres Foyer eröffnet. 


RKE-Unterricht im Rahmen des Bildungsauftrags


Wir leben in einer sich immer stärker pluralisierenden Gesellschaft. Sich auf anspruchsvolle Aufgaben in dieser Gesellschaft und für diese Gesellschaft vorzubereiten, bedeutet zu lernen, sich mit dieser Vielfalt auseinandersetzen und in ihr bzw. mit ihr kommunizieren zu können. Der RKE-Unterricht soll den Schülerinnen und Schülern – unabhängig ihrer (a)religiösen und kulturellen Sozialisation – Raum bieten, um kritisch und offen die (a)religiösen und kulturellen Wurzeln der Gesellschaft, in der sie leben aber auch Merkmale und Überlieferungen anderer Religionen und Kulturen, kennen zu lernen und die verschiedenen Weltanschauungen in einen Dialog zu bringen. 

Ziel des RKE-Unterrichts ist entsprechend die Förderung religions- bzw. weltanschauungsbezogener sowie ethischer Sprach- und Kommunikationsfähigkeit: Das beinhaltet auf der einen Seite ein vertieftes Verständnis der eigenen Kulturverhaftung und Enkulturation, d.h. der Entstehung des eigenen, kulturgeprägten Wahrnehmungs-, Denk- und Wertesystems. Auf der anderen Seite geht es um den Aufbau von Akzeptanz für andere Kulturen, was aber auch das Erkennen von Akzeptanzgrenzen sowie das Aushandeln von Akzeptanzspielräumen einschliesst. Ziel ist ein differenzverträgliches Verständnis von Fremdheit bzw. Fremdheitsdynamiken und ein bewusster und kritischer Umgang mit Stereotypen.

Der RKE-Unterricht versteht sich als Einübung des Zusammenlebens von Menschen mit verschiedenen kulturellen und weltanschaulichen Prägungen und Werthaltungen. Er ermöglicht eine (kommunikative) Auseinandersetzung mit religiösen bzw. weltanschaulichen Perspektiven und symbolischen Beschreibungen der Welt und ein Nachdenken sowie einen (kommunikativen) Austausch über Identität, Werte, Normen und Lebensgestaltung im Spannungsfeld zwischen verschiedenen Kulturen und Lebenswelten.

Der RKE-Unterricht leistet somit einen wichtigen Beitrag zur staatsrechtlich-politischen Bildung, insbesondere zur Respektierung und Artikulierung der Religionsfreiheit, wie sie in Bestimmungen der Bundesverfassung (Artikel 15) und Konventionen der UNO und des Europarates festgelegt wurde. Es werden keine persönlichen Bekenntnisse von den Jugendlichen eingefordert, keine religiösen Handlungen verlangt, keine weltanschaulichen Ansichten bevorteilt. Glaubensansprüche der einzelnen Religionen werden nicht bewertet. Grundlage ist die weltanschauliche und religiöse Neutralität der Schule. Religiös neutral heisst, dass der Unterricht weder religiös vereinnahmend noch religionsfeindlich angelegt ist. Der Unterricht muss gewährleisten, dass die Jugendlichen ihre weltanschaulichen Überzeugungen frei äussern können, sofern sie dadurch andere nicht verletzen oder diskriminieren. Das Fach bezweckt weder die Förderung von Religiosität noch deren Infragestellung.

Das Fach «Religionen, Kulturen, Ethik» ist zudem in die Schulkultur des betreffenden Schulhauses eingebettet, die Lehrperson orientiert sich am Leitbild der Schule, das vom jeweiligen Konvent und der entsprechenden Schulkommission verabschiedet wurde. Im Rahmen des Leitbildes der Schule tragen auch die RKE-Lehrkräfte zur Gestaltung der Schulkultur bei.

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